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Mikroplastik-Verbot der EU könnte das Aus für die Kunstrasen

Presse Team, 22.07.2019

Mikroplastik-Verbot der EU könnte das Aus für die Kunstrasen

UMWELT Das Mikroplastik-Verbot der EU könnte das Aus für die Kunstrasenplätze bedeuten. Wie der Fußballverband Sachsen-Anhalt darauf reagiert.

Kicker fürchten Ökoplan

VON TIM FUHSE

MAGDEBURG/MZ Ein neues Umweltvorhaben der Europäischen Union (EU) verunsichert derzeit die Fußballvereine in Sachsen-Anhalt und ganz Deutschland. Die Regelung, durch die Plastikmüll in den kommenden Jahren deutlich reduziert werden soll, sieht ab 2022 auch ein Verbot des Gummigranulats vor, das auf Kunstrasenplätzen als Dämpfer zum Einsatz kommt und vor Verletzungen schützen soll. Diese Regelung gefährde nach Angaben des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) den Trainings- und Spielbetrieb auf etwa 5 000 Kunstrasenplätzen in Deutschland, die geschlossen oder teuer saniert werden müssten.

Treffen würde es besonders die Amateurvereine in den größeren Städten. Allein in Magdeburg gibt es 17 Kunstrasenplätze, in Halle werden acht genutzt. Auf der Sportanlage „Am Felsen“ etwa hat Turbine Halle erst 2018 ein Feld eingeweiht, zuvor über 100 000 Euro per Crowd-Funding gesammelt. „Das bedeutet für uns, dass wir in der Lage sind, den Trainings- und Spielbetrieb über das gesamte Jahr sichern zu können“, sagt Fußball-Abteilungsleiter Daniel Wurbs. Das künstliche Gras ist belastbarer als Naturrasen, teils werden Felder von mehreren Vereinen genutzt.

Der Fußballverband Sachsen-Anhalt (FSA) hat deshalb - wie auch die 20 anderen Landesverbände - eine Stellungnahme an die EU geschickt und auf den großen Bedarf an Kunstrasenplätzen hingewiesen. 85 Sportanlagen mit mindestens einem der künstlichen Felder gibt es derzeit im Bundesland - das sind rund 13 Prozent aller Spielstätten. „Kunstrasen abzuschaffen ist aus meiner Sicht nicht realistisch“, sagt FSA-Geschäftsführer Christian Reinhardt. An eine Schließung ab 2022 glaube er nicht. „Wir müssten 20 bis 30 Naturrasenplätze bauen. Es könnte gar kein Spielbetrieb mehr stattfinden.“ Der Verband sei nicht grundsätzlich dagegen, das Mikroplastik zu entfernen. Dies müsse aber besonnen geschehen, es brauche eine Übergangsfrist für die Vereine. „Das kriegen wir nicht von heute auf morgen gelöst“, sagt Reinhardt. Wichtig sei nun zunächst, dass Klarheit geschaffen werde. „Aktuell ist die Lage sehr diffus.“

Aus Sicht der Verbände fehlt es bislang auch an belastbaren Daten. Das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik hat eine Schlimmstfall-Prognose berechnet. Bis zu 11 000 Tonnen Mikroplastik gelangen demnach in Deutschland jährlich von Kunstrasenplätzen in die Umwelt. Der Hintergrund: Diese Gummikörner können an Kleidung und Schuhen haften oder vom Wind weggeblasen werden, wodurch stetig Teile des Granulats in die Umwelt gelangen - und das Gummi stetig aufgefüllt werden muss. Beim FSA hält man diesen Wert für zu hoch. Tatsächlich arbeiten die Forscher aus Oberhausen derzeit daran, zusätzliche Daten zu sammeln und eine neue Schätzungen zu veröffentlichen. „Die realen Emissionen liegen vermutlich ein bisschen drunter“, sagt Fraunhofer-Umweltingenieur Thorsten Weber über die erste Prognose. „Was Mikroplastik so bedrohlich macht, ist die große Unbekannte, die dahinter steht“, sagt Weber. Die Folgen seien kaum erforscht, vereinzelt seien Schäden nachgewiesen, etwa bei Kleintieren. Das mögliche Verbot sei deswegen vor allem Vorsorge. Die EU-Chemikalienagentur (ECHA) hatte es der Kommission nahegelegt.

Was im Verbotsfall mit bestehenden Kunstrasenplätzen geschieht, steht noch nicht fest. Neubauten würden wohl teurer. Vereine müssten eine Alternative zum Plastik-Granulat wählen - etwa Kork. Nach Schätzungen des FSA könnten die Baukosten dadurch um etwa ein Drittel steigen und je nach Fall die Millionenhöhe erreichen.

Christian Reinhardt

FSA-Geschäftsführer


Quelle:MZ