Die Abrechnung - GW Piesteritz
Daniel Richter, 29.06.2015

Die Abrechnung
FUSSBALL Die Ex-Macher vom FC Grün-Weiß Piesteritz reden nicht nur über Geld.
PIESTERITZ/MZ- Der FC Grün-Weiß Piesteritz kommt nicht zur Ruhe. Immer wieder gibt es neue Verdächtigungen, Gerüchte und Spekulationen rund um den alten Vorstand. Fans und Vereinsmitglieder fordern Aufklärung. Mit den Machern der vergangenen Jahre, Ingo Mattheuer und Dirk Schmaler, unterhielt sich MZ-Redakteur Michael Hübner.
Der FC galt als solide geführter Verein. Plötzlich ist kein Geld mehr da.
Mattheuer:Auch wir mussten immer von Jahr zu Jahr rechnen.
Ihre Nachfolger behaupten: Die wirtschaftliche Schieflage sei entstanden, weil - kaum ist der neue Vorstand im Amt - plötzlich ein Berg von offenen Rechnungen auftauchte.
Schmaler:An meinem letzten Tag als Schatzmeister war alles abgerechnet. Wir hatten am Ende des Geschäftsjahres 2014 ein Plus auf dem Konto. Laufende Kosten 2015 haben die aktuellen Probleme verursacht. Es ist nicht in Ordnung, alles, was nicht funktioniert, auf uns abzuwälzen.
Mattheuer:Die ersten beiden Monate im Jahr sind immer problematisch. Wir konnten diese flauen Wochen immer durch die Einnahmen vom Sparkassencup ausgleichen. Der fand aber 2014 nicht mehr statt.
Ein weiterer Vorwurf: Der neue Vorstand ist zwar im Amt, hat aber noch keine Kontovollmacht. Und plötzlich ist die erste Stadt-Rate abgeräumt.
Schmaler:Es wurde nicht ein Cent abgeräumt. Es gibt aber Daueraufträge und Terminaufträge. Mit letzterem wurden unter andrem Rückstände bei den Krankenkassen bezahlt.
Ein ehemaliger Mitstreiter Ihres Vorstandes behauptet, dass Provisionen - zum Beispiel für den Erwerb von Trikots - in die private Tasche gewirtschaftet wurden.
Mattheuer:Die Vorwürfe sind absurd, pietätlos und nicht haltbar. Ich habe keine Provisionen kassiert. Ganz im Gegenteil. Als ich Schalke und Wolfsburg für Partien in den Osten verpflichten konnte, hat der Auftritt im Volkspark nichts gekostet. Ein Gerücht behauptet sogar, dass der alte Vorstand auf Vereinskosten bei der Weltmeisterschaft in Brasilien gewesen sein soll. Dafür haben wir vier Jahre lang gespart und monatlich auf ein Konto der Deutschen Bank eingezahlt. Das Konto gibt es übrigens immer noch. Wir sparen jetzt auf die Europameisterschaft in Frankreich.
Schmaler:Die angebliche Summe für den Trikotkauf ist nicht in den Büchern zu finden - auch verteilt auf Jahre nicht. Für mich sind das Verleumdungen.
Mattheuer:In der Zeitung stand eine Zahl, wo ich der Meinung bin, das zwei Kommastellen vergessen wurden. Solche Summen existieren überhaupt nicht. Weiterhin gab es nie Provision für irgendwelche Sportartikel. Ich weiß nicht, wer sich alles so etwas ausdenkt. Das ist primitive Stimmungsmache mit falschen Zahlen und Falschaussagen gegen den alten Vorstand.
Kritisiert wird auch Ihr diktatorischer Führungsstil.
Mattheuer:Mit dem Vorwurf kann ich gut leben. In jedem Verein werden zwei oder höchsten drei Leute über die Geldfragen entscheiden. Es ist aber richtig, dass wir aufgefordert wurden, die Verantwortung auf breitere Schultern zu verteilen. Wir haben reagiert und den Vorstand erweitert. Doch geändert hat sich nichts. So mancher, der jetzt seine Kritiker-Rolle entdeckt, ist einmal in vier Wochen zur Vorstandssitzung gekommen und nach einer Stunde wieder gegangen. Wer sich in einen Vorstand wählen lässt, sollte auch bereit sein, sich für den Verein zu engagieren. Vorstandsarbeit ist vor allem Fleißarbeit. Aber wir hatten einen Vorteil. Was wir intern beredeten, blieb auch intern. Jetzt dringt alles gleich nach Außen.
Mit dem alten Vorstand haben auch viele Sponsoren dem Verein den Rücken gekehrt. Zufall?
Mattheuer:Nein. Vor dieser Entwicklung habe ich sogar gewarnt. 75 Prozent dieser Sponsoren waren nicht nur Sponsoren, sondern vor allem Freunde. Mancher interessierte sich gar nicht für Fußball, sondern wollte mich einfach unterstützen. Es genügte oftmals nur ein kurzer Anruf, wenn es wieder mal knapp mit dem Geld wurde. Bitte seid mir nicht böse, wenn ich nicht alle Freunde aufzähle. Aber fast die ganzen Jahre hat mich und den Verein Burkhard Pfeifer begleitet. Der war nicht nur da, um eine Spende zu machen, er hat auch die komplette Beregnungsanlage auf dem Hauptplatz bezahlt, und viele Mitstreiter werden sich noch an die schöne Woche 1996 auf Mallorca erinnern, wo er die gesamte Mannschaft nach dem Aufstieg in die Verbandsliga eingeladen hat. An dieser Stelle Burkhard nochmals vielen Dank. Und dann hatten wir auch noch tolle Fans, - es hätten gern auch noch mehr sein können - die auch die langen Auswärtsfahrten immer hinter ihrer Elf standen. Und diese treuen Anhänger haben nicht nur Verbandsliga verdient. Aber zurück zur Frage der Sponsoren. Es hieß auch, wenn wir gehen, steht jemand bereit, der dem Verein 40 000 Euro überweist. Daraus ist offensichtlich nichts geworden.
Schmaler:Sponsorensuche und die Betreuung, das sind Aufgaben in einem Verein, die können nicht nebenbei erledigt werden. Darum muss sich jemand den ganzen Tag kümmern. Und das geht, will man erfolgreich sein, nach unserer Meinung nur hauptamtlich.
Der neue Vorstand hat das zwischenzeitliche Angebot, Oberliga zu spielen, ohne Rücksprache mit Trainern und Spielern sofort abgelehnt. Wie hätten Sie entschieden?
Mattheuer:Sofort angenommen! Wir wären das Risiko eingegangen, weiter von der Hand in den Mund zu leben. Unser Trainer wäre weiter Uwe Ferl. Und auch die Mannschaft würde nicht auseinanderfallen. Zumal uns Ferl versichert hat, dass die Elf, die den Vizetitel des Landes erkämpft hat, auch in der Oberliga wettbewerbsfähig wäre. Und ich möchte mit einem weiteren Vorurteil aufräumen: Den Spielern geht es nicht nur ums Geld. Aber man muss mit den Jungs reden, ihnen Perspektiven bieten. Aber erfolgsorientierten Fußball zu spielen, ist mit der Ära Uwe Ferl und der letzten Mannschaft vorbei. Fragen Sie doch mal selbst bei den Kickern nach, was die Gründe für die Wechsel sind. Wir jedenfalls hatten den Eindruck, im Volkspark zählt nur noch die zweite Mannschaft.
Schmaler:Die Oberliga ist auch finanziell attraktiv. Bei den Heimspielen gegen die Leipziger Mannschaften kann durchaus mit 1 000 Zuschauern gerechnet werden. Auch die Derbys gegen Sandersdorf, VfL Halle oder Bernburg versprechen einen guten Besuch.
Hat der alte Vorstand denn gar nichts falsch gemacht?
Mattheuer:Unser größter Fehler war der Pachtvertrag 2001 mit der Stadt. Es klingt zwar gut, dass die Stadt 80 Prozent der Betriebskosten übernimmt. Aber der Rest sind etwa 30 000 Euro jährlich, die der Verein aufbringen muss. Insgesamt haben wir bis 2014 etwa 400 000 Euro Sponsorengelder dafür aufbringen müssen. Und dieses Geld fehlt für den Sport. Das ist ein klarer Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Fußballvereinen. Wir können dem neuen Vorstand nur empfehlen, das Objekt der Stadt zurück zu geben.
Der neue Vorstand hat eine interessante Zusammensetzung. In diesem Gremium fehlen der sportliche Leiter und der Sponsorenbeauftragte. Dafür kümmern sich gleich zwei Männer um die Interessen der Saunagänger. Ist das denn noch die richtige Struktur für einen echten Fußballclub?
Mattheuer:Das haben wir nicht zu beurteilen. Im Übrigen ist das ja auch eine demokratische Entscheidung der Mitglieder. Und das mit der Sauna ist leicht zu erklären. Ein Mann, der Präsident werden wollte, kündigte als erste Amtshandlung an, die Sauna abstellen zu wollen. Dabei bringt die Einrichtung Gewinn.
200 000 Euro hat die Sauna gekostet. Wie kam es dazu?
Schmaler:Das war eine Idee der Sponsoren. Die Investition wurde von den Sponsoren komplett aufgebracht. Wir haben lediglich die Baugenehmigung bezahlt.
Verfolgen Sie die Entwicklung im Volkspark mit Interesse oder mit Schadenfreude?
Mattheuer:Mit dem Thema Fußball habe ich abgeschlossen - zumindest in Piesteritz.
"Die treuen Fans haben nicht nur Verbandsliga verdient."
Ingo Mattheuer
Ex-Geschäftsführer
TRADITION
Stadthaus ist zu klein
Der Ausfallder traditionellen Nacht der Grün-Weißen 2014 ist nicht aus Kostengründen erfolgt. "Die Absage erfolgte tatsächlich aus Kapazitätsgründen", sagt Ingo Mattheuer. Nach seinen Angaben konnten im alten KTC immer zwischen 350 und 400 Gäste begrüßt werden. Das neue Stadthaus bietet bei der erforderlichen Bestuhlung und den Tischen 408 Besuchern Platz. "Allerdings ohne Tanzfläche", sagt der Piesteritzer. Unter der Berücksichtigung der notwendigen freien Fläche bleiben 243 Sitzplätze übrig. "Das erfordert Eintrittspreise von über 50 Euro. Deshalb haben wir uns dagegen entschieden", so Mattheuer zur MZ.
"Die Oberliga ist auch finanziell attraktiv."
Dirk Schmaler
Ex-Schatzmeister
Quelle:MZ